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Interviews mit Künstlern

Gustav Klimt und Egon Schiele | Meisterhaftes über Sex und Tod

Welcher Anlass wäre besser geeignet als der Valentinstag, um über das faszinierende und unorthodoxe Liebesleben der mitunter einflussreichsten Künstler des 20. Jahrhunderts zu sprechen: Gustav Klimt und Egon Schiele. Ihre äußerst leidenschaftlichen, expressionistischen Arbeiten sprengten die damaligen Grenzen der Kunst und zeigten bis dato beispiellose Darstellungen des menschlichen Körpers.

Von Rise Art | 14. Feb. 2019

Welcher Anlass wäre besser geeignet als der Valentinstag, um über das faszinierende und unorthodoxe Liebesleben der mitunter einflussreichsten Künstler des 20. Jahrhunderts zu sprechen? Die äußerst leidenschaftlichen, expressionistischen Arbeiten von Gustav Klimt und Egon Schiele sprengten die damaligen Grenzen der Kunst und zeigten radikale Darstellungen des menschlichen Körpers.

Liegende Frau, 1917, von Egon Schiele (Bild mit freundlicher Genehmigung von dorotheum.com)

Klimt, der 1862 in Österreich geboren wurde, war ein symbolistischer Maler und Hauptmitglied der Wiener Secessionsbewegung. Er hatte außerdem Einfluss auf den Wiener Expressionismus, eine Strömung, die von seinem größten Anhänger Egon Schiele angeführt wurde. Schiele wurde 1890 geboren und war 28 Jahre jünger als Klimt. Er war ein figurativer und expressionistischer österreichischer Maler. 1907 wurde Klimt zu Schieles Mentor und sie entwickelten eine enge Beziehung zueinander.

Gustav Klimt und Egon Schiele (Bild mit freundlicher Genehmigung von artsper.com)

Einzigartig an Klimt ist die Tatsache, dass seine Kunst allgegenwärtig zu sein scheint, während über sein Privatleben nahezu nichts bekannt ist. Es gibt zahlreiche Spekulationen, unter anderem basierend auf Gerüchten und seinen Kunstwerken. Was wir wissen, ist: Er liebte die Frauen. So sagte der Künstler einst: „Ich interessiere mich nicht für die eigene Person als ‚Gegenstand eines Bildes‘, eher für andere Menschen, vor allem weibliche.“ Und mit Ausnahme seiner frühen Werke malte Klimt ausschließlich Porträts von Frauen.

Gustav Klimt, 1908 (Bild mit freundlicher Genehmigung von wiki.org)

Ob seine Modelle seine Geliebten waren oder ob seine Partnerin Emilie Flöge, eine Modedesignerin und häufiges Motiv in Klimts Bildern, Liebhaberin oder platonische Freundin war, bleibt bis heute ein Geheimnis. Man vermutet allerdings, dass er 14 uneheliche Kinder zeugte und demnach zahlreiche Liebhaberinnen hatte, darunter auch die Musikerin und Femme fatale des 20. Jahrhunderts Alma Schindler.  

Frau in Gold, 1903-1907, von Gustav Klimt (Bild mit freundlicher Genehmigung von wiki.org)

Unabhängig von den Gerüchten spricht Klimts Kunst für sich selbst. Sie ist Ausdruck einer intensiven, authentischen Bindung zwischen dem Künstler und seinen Modellen. Eines der bedeutsamsten Werke Klimts, „Der Kuss“, ist aktuell Bestandteil der Sammlung des Belvedere in Wien und unterstreicht diese Verbundenheit und Zuneigung auf unvergleichliche Weise.

Der Kuss, 1907-1908, von Gustav Klimt (Bild mit freundlicher Genehmigung von wiki.org)

Es zeigt ein eng verschlungenes Paar umgeben von einem Goldregen. Die männliche Figur (vermutlich Klimt) beugt sich über die weibliche Figur und hält ihr Gesicht, während er ihr einen Kuss auf die Wange gibt. Die Frau lehnt sich hingebungsvoll nach hinten und legt ihren Arm um ihn. Ihr Gesicht zeigt zum Betrachter, ihre Augen sind jedoch geschlossen.

Danaë, 1907-1908, von Gustav Klimt (Bild mit freundlicher Genehmigung von wiki.org)

Durch den golden schimmernden Abgrund, der den Hintergrund bildet, entsteht ein Hauch von Spiritualität. Den alltäglichen Normen entrückt, befinden sie sich im erhabenen Moment des Kusses. Das goldene Tuch über ihren Köpfen impliziert etwas Göttliches, eine Art Heiligenschein, als Hommage an die klassische religiöse Kunst.  

Die Hoffnung II, 1907-1908, von Gustav Klimt (Bild mit freundlicher Genehmigung von wiki.org)

Geometrische Muster innerhalb des Bildes spiegeln die Perfektion dieses romantisierten Momentes wider. Das goldene Tuch um die Finger ist mit sexuell angehauchten Mustern verziert: hochkant stehende Rechtecke auf dem des Mannes und weiche runde Kreise und Blumen auf dem der Frau. Dieses üppige Fresco Klimts ist voll von Prunk, Liebe und Transzendenz.

Liebesakt, Studie, 1915, von Egon Schiele (Bild mit freundlicher Genehmigung von theartnewspaper.com)

Schiele unterscheidet sich von Klimt insbesondere darin, dass sein Leben ebenso faszinierend und berühmt/berüchtigt ist wie seine Kunst. Schon in jungen Jahren war Schieles Leben kontrovers. So gibt es Andeutungen, dass er eine inzestuöse Beziehung mit seiner jüngeren Schwester hatte. 1912 wurde er wegen der angeblichen Verführung einer Minderjährigen verhaftet. Während der Gerichtsverhandlung wurde auch seine Kunst genauer unter die Lupe genommen. In vielen seiner Kunstwerke wurden junge Mädchen unverfroren provokativ dargestellt. Dies wurde als pornografisch eingestuft und der Richter ließ eines seiner Werke verbrennen.

Selbstporträt, 1912, von Egon Schiele (Bild mit freundlicher Genehmigung von christies.com)

1911 lernte Schiele die 17-jährige Walburga (Wally) kennen. Sie zog bei ihm ein und stand bei einigen seiner auffälligsten Gemälde Modell. Wally und Schiele lebten vier Jahre lang zusammen, bis er sie gnadenlos für eine finanziell vorteilhafte Ehe verstieß. Aus diesem Kummer entstand ein großes Meisterwerk: Schieles „Tod und Mädchen“ wird in der Sammlung des Belvedere Museums in Wien aufbewahrt.  

Bildnis Wally Neuzil, 1912, von Egon Schiele (Bild mit freundlicher Genehmigung von wiki.org) 

Das Kunstwerk weist Parallelen zu Klimts „Der Kuss“ auf, durch die dramatische, turbulente Szene entsteht jedoch eine wahre Antithese. Sie zeigt ein sich aneinanderklammerndes Pärchen umgeben von verwüsteter Ödnis. Die männliche Figur ist ein Selbstporträt und zeigt den Tod, Schieles graues Gesicht und seine schwarzen Augen blicken uns eindringlich an. Wie Klimt liebte Schiele die Frauen, sein Hauptmotiv und größtes Interesse galt jedoch ihm selbst. Er war ein Narzisst, besessen von seinen eigenen irdisch-körperlichen Erfahrungen.

Tod und Mädchen, 1915-16, von Egon Schiele (Bild mit freundlicher Genehmigung von independent.co.uk)

Wally wird sehr lebendig dargestellt und ihr rosafarbenes Kleid bringt Farbe ins Bild. Manche vermuten, dass der Kontrast zwischen beiden Figuren das Aufeinanderprallen Wiens vor und nach dem 1. Weltkrieg widerspiegeln soll. Das Geniale an Schiele ist seine Fähigkeit, hässliche und intime Gefühle auszudrücken und gleichzeitig das universelle Leid des Krieges darzustellen.

Selbstporträt mit Physalis, 1912, von Egon Schiele (Bild mit freundlicher Genehmigung von wiki.org) 

 

Schiele erzeugt eine grobe, plumpe und fragmentierte Szene und dient so als Brandbeschleuniger der modernen Kunst, die den idealisierten Akt ablehnt. Schiele und Klimt nutzen den menschlichen Körper, um unter anderem durch Verzerrungen die Zügellosigkeit der Gefühlswelt auszudrücken. Beide Künstler sind frühe Vertreter des Expressionismus, deren Werk durch ihr Leben und ihre Liebeserfahrungen stark geprägt wurde.

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