Der Fokus auf menschliche Bewegung steht im Zentrum Ihrer Arbeit. Wie hat sich dieses Interesse entwickelt, und warum ist es Ihnen so wichtig?
Schon früh habe ich sowohl Kunst als auch zeitgenössischen Tanz studiert, was mich auf natürliche Weise dazu geführt hat, die Überschneidungen zwischen diesen beiden Disziplinen zu erkunden. Mein Interesse an Bewegung entwickelte sich durch mein Engagement mit östlichen und westlichen Kunsttraditionen. Besonders fasziniert hat mich der abstrakte Expressionismus, vor allem die Aufnahmen von Jackson Pollock, der mit seinem ganzen Körper dynamische Bewegungen beim Malen vollführt. Gleichzeitig haben mich die präzisen, meditativen Gesten der chinesischen Pinselmaler und Kalligrafen beeindruckt – sie arbeiten nur mit Handgelenk und Hand, schaffen es aber dennoch, Energie und Bewegung in ihre Werke zu übertragen.
Durch mein Studium der chinesischen Pinselmalerei habe ich gelernt, die Essenz durch präzise Pinselstriche einzufangen. Ich wollte Pinselstriche nutzen, um Lebendigkeit in meine Arbeit zu bringen, sei es, um die stille, einsame Ruhe eines Individuums darzustellen oder die Gesten und Bewegungen von Menschen im Raum zu erforschen. Bewegung festzuhalten ist mir wichtig, weil ich damit die Lebendigkeit menschlichen Handelns ausdrücken kann.
Sprechen Sie über Ihre Verwendung von Zeichnungen. Wie hilft Ihnen das bei der Wahl des Motivs und beim Erfassen von Bewegung in Ihren Gemälden?
In meiner Arbeit entsteht Bewegung durch die Unmittelbarkeit des Malprozesses. Ich fange die „Gegenwärtigkeit“ eines Moments durch direkte Markierungen ein – meistens mache ich sehr schnelle Skizzen vor Ort, um die einzigartigen Gesten und Bewegungen der Menschen festzuhalten. Die Zeichnungen von Rembrandt und Toulouse-Lautrec haben mich inspiriert, diese flüchtigen Einblicke in menschliche Interaktionen einzufangen. Ich bringe meine Skizzen dann mit ins Atelier, wo sie oft den Ausgangspunkt für ein Gemälde bilden. Häufig werden die Gemälde zu Zusammenstellungen verschiedener Skizzen (siehe Charge, Öl auf Leinwand, 2024). Manchmal male ich eine reale Begegnung ausschließlich aus der Erinnerung (siehe Duel, Öl auf Leinwand, 2024).
Nach meiner Erfahrung ist das Arbeiten aus dem Gedächtnis oder nach einer Zeichnung weitaus authentischer als das Arbeiten nach einem Foto (ich verwende nie Fotografie in meiner Arbeit). Erinnerung ist mehrdimensional und beinhaltet alle Sinneseindrücke – Geräusche, Berührung, Geruch sowie visuelle Informationen aus vielen Perspektiven. Das Arbeiten mit dieser sensorischen Erinnerung erlaubt mir, das Wesentliche der Szene herauszufiltern. Ein Gemälde ist für mich dann vollständig, wenn es sowohl mit der Beobachtung als auch mit dem Gefühl im Einklang ist, und aus meiner völligen Immersion im Thema sowie der Verbindung zum Malprozess selbst entstanden ist.
Ihr Arbeitsprozess umfasst ein besonderes Vorgehen mit Überarbeitung, Schichtung und Abkratzen der Farbe. Wie tragen diese Techniken zur emotionalen Tiefe Ihrer Gemälde bei?
Für mich entsteht das Motiv auf der Leinwand durch den Prozess, die Farbe zu bewegen. Obwohl ich Skizzen verwende, gibt es zu Beginn eines Gemäldes keinen festen Plan. Das Überarbeiten, Schichten und Abkratzen helfen mir, das Bild allmählich zu entdecken. Durch das Überarbeiten kommen frühere Farbschichten wieder zum Vorschein; es gibt eine Art Zufall und glückliche Unfälle, die den Prozess intuitiv werden lassen. Ich reagiere ständig auf das, was auf der malerischen Oberfläche passiert. Dieser Prozess erzeugt auf natürliche Weise ein Gefühl von Bewegung und Veränderung.
Die Oberfläche des fertigen Gemäldes lässt sich schwer in einem Foto festhalten, aber „in echt“ zeigt die Textur der Farbe und das wilde Zusammenspiel der Pinselstriche, dass das Werk mehr ist als bloße Illustration, Reportage oder Historienmalerei. Die malerische Oberfläche wird zu einem Kanal für Emotionen und Gefühle.
Spiegeln Ihre Darstellungen von Menschen besondere Momente oder Erzählungen wider, die eine spezielle Bedeutung für Sie haben?
In der Serie Shopping Centre untersuche ich das Zusammenspiel von öffentlichem und privatem Leben – ich beobachte Menschen in alltäglichen, oft unbeachteten Momenten, wie zwei Fremde, die nebeneinandersitzen (siehe Bench, Öl auf Leinwand, 2024). Mich interessiert dabei die Spannung zwischen Verbindung und Isolation und wie diese flüchtigen Momente größere menschliche Erfahrungen widerspiegeln.
In der Serie Playground geht es mir darum, Kindheitserinnerungen auf eine greifbare Weise darzustellen und darüber nachzudenken, wie Spielplätze zu Mikrokosmen menschlichen Verhaltens werden. In meiner aktuellen Serie über Bauern und Gärtner steht die Verbindung zwischen Menschen und der Erde im Mittelpunkt. Mit meinen Arbeiten möchte ich die Verletzlichkeit, Stärke und Schönheit der menschlichen Existenz ausdrücken und die leise, emotionale Komplexität des Alltagslebens verkörpern.